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Isabelle Gronemeyer, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht

Freispruch im Kontext der Kunstfreiheit: Künstler wegen Söder-Graffiti freigesprochen

Am 8. Mai 2024 entschied das Bayerische Oberste Landesgericht (Az.: 204 StRR 452/23) in einem interessanten Fall. Ein Graffiti-Künstler wurde vom Vorwurf der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie der Beleidigung des Bayerischen Ministerpräsidenten Söder freigesprochen. Mit der Entscheidung aus dem Strafrecht befasst sich die Kanzlei Gronemeyer in diesem Blogartikel und gibt Ihnen einen Überblick über den Fall und die Begründung des Gerichtes.

Details zur Anklage und ersten Urteilen

Der Fall begann mit einem großflächigen Graffiti an der Wand einer Feldscheune in Bayern, das zwischen Juni und Juli 2022 vom Angeklagten, einem Graffiti-Künstler, angebracht wurde. Das Kunstwerk ähnelte einer Postkarte und war mit dem Schriftzug „Liebesgrüße aus Bayern“ versehen. In einem oberen Feld zeigte es eine uniformierte Person, deren eine Gesichtshälfte als Totenkopf dargestellt ist und dessen zweite Gesichtshälfte dem Bayerischen Ministerpräsidenten Söder ähnelte. Darunter waren zwei kleinere Bilder von Personen in Polizeiuniformen zu sehen, die gewaltsame Handlungen gegen wehrlose Personen ausführten.

Der Künstler erklärte, dass er mit diesem Werk einen Fall von Polizeigewalt, den er selbst erlebt hatte, verarbeiten wollte. Seiner Aussage nach handelte es sich bei der dargestellten Person nicht um den Ministerpräsidenten, sondern um eine allgemeine Autoritätsperson. Er betonte, dass die Uniform, welche einer SS-Uniform ähnelte, keine solche Uniform darstellen sollte, sondern die schwarze Farbe negative Emotionen ausdrücken sollte.

Das Amtsgericht Nürnberg hatte den Künstler in erster Instanz wegen der Verwendung von Nazi-Symbolik und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt. Das Landgericht Nürnberg-Fürth bestätigte diese Verurteilung in zweiter Instanz. Daraufhin legte der Angeklagte Revision ein, und der Fall landete vor dem Bayerischen obersten Landesgericht.

 

Entscheidung des Gerichts

Das Bayerische Oberste Landesgericht kam zu einem anderen Ergebnis und sprach den Angeklagten frei. Diese Entscheidung basierte hauptsächlich auf diesen zwei Punkten:

 

Keine verfassungswidrigen Kennzeichen

Das Gericht stellte fest, dass die Abbildung der Uniform zwar Erinnerungen an eine SS-Uniform weckte, aber keine eindeutigen Merkmale enthielt, die sie als verfassungswidriges Kennzeichen klassifizierten. Die Uniform bestand aus Elementen wie einer schwarzen Farbe, einer Schirmmütze mit Kordel und einem quadratischen Rangabzeichen am Kragen, die in ihrer Gesamtschau nicht als originalgetreu angesehen werden konnten. Auch die dargestellte Schädelhälfte wies Abweichungen vom stilisierten Totenkopfabzeichen der SS-Verbände auf. Zudem brachte der Künstler durch ein auf der Krawatte abgebildetes Fragezeichen seine Distanzierung von jeglicher Nazi-Symbolik zum Ausdruck (Bei SS-Uniformen befand sich an dieser Stelle ein Hakenkreuz).

 

Kunstfreiheit und Satire

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Entscheidungsfindung war die Kunstfreiheit des Künstlers. Gemäß den vom Bundesverfassungsgericht geprägten Kunstbegriffen handelte es sich bei dem Graffiti um ein Kunstwerk. Das Gericht betonte, dass ein Künstler sich in seiner Kunst auch politisch, überspitzt oder polemisch äußern dürfe. In seiner Begründung wies das Gericht darauf hin, dass Verzerrungen, Verfremdungen und Übertreibungen Stilmittel der Satire seien, die zur Kunstfreiheit gehörten.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Werk eine zulässige Kritik am System darstellte und die Grenzen der Kunstfreiheit nicht überschritt. Eine schwerwiegende Verunglimpfung des Staates oder ein schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person lagen nicht vor. Das Bayerische Oberste Landesgericht hob die Urteile der Vorinstanzen auf und sprach den Angeklagten frei. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten wurden der Staatskasse auferlegt.

Dieses Urteil verdeutlicht, dass Kunst und Meinungsäußerung in einer Demokratie hohen Stellenwert genießen und nur unter engen Voraussetzungen eingeschränkt werden dürfen. Dieser Fall dürfte insbesondere für Künstler und politische Satiriker von Interesse sein, die sich mit ähnlichen rechtlichen Fragen konfrontiert sehen. Rechtsanwältin Gronemeyer aus Essen steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unsere Kanzlei kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Strafrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.

 

Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie spezifische Fragen oder Anliegen haben, wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 8. Mai 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.

Strafverteidigern & Rechtsanwältin

Werdegang

Zur Person & Rechtsanwältin Isabelle Gronemeyer

Isabelle Gronemeyer (Strafverteidigung Essen)
Studium
  • 2006-2010 Studium der Rechtswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum mit Schwerpunktbereich Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie
  • 2011 Erstes Staatsexamen am OLG Düsseldorf
Referendariat
  • 2011-2013 Landgerichtsbezirk Bochum
  • Arzthaftungskammer (Zivilstation)
  • Staatsanwaltschaft Bochum
  • Kreispolizeibehörde Mettmann (Verwaltungsstation)
  • Anwaltsstation bei renommierter Kanzlei für Strafverteidigung
  • Staatsanwaltschaft Bochum, Dezernat für Kapitaldelikte (Wahlstation)
Anwaltschaft
  • 2013 Zweites Staatsexamen am Justizministerium NRW
  • 2013 Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
  • 2014 Rechtsanwaltskanzlei Isabelle Gronemeyer
  • 2017 Fachanwältin für Strafrecht
  • Mitglied im FORUM Junge Anwaltschaft des Deutschen Anwaltvereins

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