Am 4. Februar 2025 entschied der Bundesgerichtshof (Az.: 3 StR 468/24) über die Revision eines Angeklagten, der wegen Volksverhetzung verurteilt worden war. Das Landgericht Köln hatte den 65-jährigen Mann zuvor zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt. Der Fall aus dem Strafrecht drehte sich um eine kontroverse Abbildung, die der Angeklagte während der ersten Infektionswelle der COVID-19-Pandemie auf seinem öffentlichen Facebook-Profil veröffentlicht hatte. Erfahren Sie mehr über den Sachverhalt und die gerichtliche Bewertung durch den BGH in diesem Blogartikel der Kanzlei Gronemeyer.
Provokative Veröffentlichung während der COVID-19-Pandemie
Im April 2020, als die ersten staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Covid-19 Virus in Kraft traten, entschied sich der Angeklagte, seine Meinung zu diesen Maßnahmen auf eine besonders provokante Weise kundzutun. Er veröffentlichte auf seinem Facebook-Profil eine karikaturhafte Abbildung, die das Eingangstor eines Lagers zeigte. Oberhalb des Zugangs war der Schriftzug „Impfen macht frei“ angebracht, eine Anspielung auf das Tor des Konzentrationslagers Auschwitz mit dem Schriftzug „Arbeit macht frei“.
Die Darstellung zeigte zwei in dunkler Kleidung gehaltene, militärisch auftretende Wächter, die übergroße Spritzen mit grüner Flüssigkeit trugen. Im Inneren des dargestellten Lagers befanden sich zwei mit Blumen verzierte Porträts: eines zeigte eine überzeichnete Figur mit stereotypisierten chinesischen Zügen, das andere den Microsoft-Mitgründer Bill Gates. Die Bildunterschrift lautete: „Die Pointe des Coronawitzes“.
Diese Veröffentlichung fand inmitten einer hitzigen gesellschaftlichen Debatte über die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Virus statt. Viele Menschen fühlten sich durch die Maßnahmen eingeschränkt und sahen sich als Opfer staatlicher Übergriffe. Die Abbildung des Angeklagten zielte darauf ab, diese Gefühle zu verstärken, indem sie eine Parallele zwischen den staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie und den Gräueltaten des Holocausts zog.
Laut dem Landgericht Köln war sich der Angeklagte der möglichen Auswirkungen seiner Veröffentlichung bewusst. Er wusste, dass die Abbildung geeignet war, gewalttätige Reaktionen hervorzurufen und bei Überlebenden des Holocausts sowie deren Nachkommen Angst und Verunsicherung zu verbreiten. Dennoch nahm er diese Konsequenzen billigend in Kauf.
BGH untersucht Verurteilung wegen Volksverhetzung
Das Landgericht Köln verurteilte den Angeklagten wegen Volksverhetzung nach § 130 Abs. 3 StGB. Das Gericht befand, dass die Abbildung das historisch einzigartige Unrecht der in Konzentrationslagern vollzogenen Vernichtung von Millionen europäischen Juden und anderen vom nationalsozialistischen Regime verfolgten Gruppen verharmloste. Diese Verharmlosung sei geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, indem sie aggressive Emotionen bei den Betrachtern hervorrufe und das Vertrauen in die allgemeine Rechtssicherheit untergrabe.
Der Angeklagte legte Revision gegen dieses Urteil ein, doch der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Köln. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs stellte fest, dass die Abbildung in mehrfacher Hinsicht problematisch sei. Zum einen verschleiere und bagatellisiere sie das Unrecht des Holocausts, indem sie eine qualitative Gleichsetzung der staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie mit den Gräueltaten des NS-Regimes vornehme. Zum anderen sei die Abbildung geeignet, gewalttätige Reaktionen hervorzurufen und ein Klima der Angst und Verunsicherung bei Überlebenden des Holocausts und deren Nachkommen zu verbreiten.
Das Gericht betonte, dass die Abbildung nicht nur eine überzogene Dramatisierung der Auswirkungen der Coronaschutzmaßnahmen darstelle, sondern auch den Eindruck erwecke, der NS-Völkermord sei ein vergleichbares Übel gewesen. Diese Darstellung sei geeignet, die Betrachter aggressiv zu emotionalisieren und sie dazu zu bringen, sich gewaltsam gegen staatliche Maßnahmen zur Wehr zu setzen.
Mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen. Der Angeklagte muss die Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50 Euro zahlen und die Kosten des Rechtsmittels tragen.
Fazit
Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, die Grenzen der Meinungsfreiheit zu respektieren und sich der möglichen Auswirkungen von Veröffentlichungen in sozialen Medien bewusst zu sein. Die Verharmlosung historischer Gräueltaten kann nicht nur den öffentlichen Frieden stören, sondern auch das Vertrauen in die allgemeine Rechtssicherheit untergraben.
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Dieser Artikel dient nur zur Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie spezifische Fragen oder Anliegen haben, wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 4. Februar 2025, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.